Kombi + Eis - Les Droites Ginat |
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Vaterfreuden – Traumtour durch die Droites-NordwandSeit Lara auf der Welt ist, sehe ich selbige mit anderen Augen: verantwortungsbewusst gehe ich arbeiten, helfe meiner Frau das kleine, süße Monster satt und still zu kriegen und begnüge mich mit ein bissel Bouldern und Wandern (mit Lara im Tragetuch). Wären da nicht diese lästigen Mails von israelischen Spaniern, die mal wieder in Chamonix ganz tolle Dinge gemacht haben. Über den ersten November sind 4 Tage Pfalz, Battert und Omas angesagt. Doch irgendwas läuft schief, Steffi kommt vorzeitig heim. Ich sehe meine Chance: bestes Wetter und gute Bedingungen. Dazu eine Frau, die ihre Ruhe will. Auf zur Droites-Nordwand! Arne ist nicht so begeistert. Er kränkelt, will lieber sonnig klettern gehen. Und überhaupt: die Bahn fährt nicht, der Winterraum ist angeblich wegen Renovierung geschlossen – der Fels läuft doch nicht weg. Hm. Ist das der Arne, der mir seit 2 Jahren wegen genau dieser Wand in den Ohren liegt??? Es ist sehr gemütlich im Tojota Yaris: Flo, Flo, Ursi und ich (und natürlich das bissel Gepäck) kurven gen Chamonix. Ich fluche leise, weil ich lieber in unserem Feuerwehrauto gefahren wäre, mit mehr Platz und mehr PS. Aber so geht’s auch. Nach guten 8 h dürfen wir endlich aussteigen und loswanken. Immer noch etwas planlos packen wir mal ordentlich ein: Essen, Kocher, Schlafsack, Isomatte, Material für 2 Seilschaften – wie sich bald herausstellt nicht gerade eine taktische Meisterleistung. Wir sind auch schon 1-2 h nach Einbruch der Nacht auf der Argentière-Hütte. Der Winterraum, oh Wunder, ist doch offen und auch gut voll. "Die Ginat? Da seid Ihr die 8te Seilschaft!" – "Na toll, danke Matthias (die Mengenangabe lag nur um 700% über dem tatsächlichen Wert)!" Wir kochen erst mal und beschließen dann, alle vier morgen erst mal die Schweizerführe an der Courtes zu machen. 800 m bis 70° zum Einschwingen. Die alten Männer (Flo und ich) brauchen beim Aufbruch extra lang. Wir können uns an den Stirnlampen orientieren, die die halbe Tour beleuchten. Ursi und Flo überholen wir am Bergschrund. Ein Seil und meine Routine beim Standplatzbau etc. machen sich positiv bemerkbar. Zwei Spanier hängen auch noch hier rum, wir stapfen mit t-bloc vorbei. Es folgen einige interessante SL in brauchbarem Firn. Im Mittelteil laufen wir auf den Südafrikaner und die Engländerin auf. Ihre Sicherungsmoral lässt im gutmütigen Kombigelände zunehmend nach. Unsere rechte Variante bringt uns bald auf den Westgrad und wir genießen das einsame Gipfelglück. 6,5 h – gar nicht sooo schlecht. Hier liegen wir barfuss und nur im T-Shirt in der Sonne und schlafen. Als Ursi und Flo auf dem letzten Eisfeld auftauchen, machen wir uns an den Abstieg über die 42-45° steile NO-Flanke. Hier bin ich schon drei Mal abgestiegen, aber diesmal ist es echt sch…: hart bis blank statt Trittschnee. Flo fühlt sich auch nicht wohl, ich warte öfter mal und seile ihn am Schluss ab, damit was vorangeht. Immerhin erreichen wir den Gletscher bei Einbruch der Nacht. Ursi und Flo seilen noch ein bisschen im Dunkeln ab. Wir sitzen derweil auf der Hütte und fragen uns, ob wir morgen echt die Ginat angehen sollen. Angeplättet von dem langen Tag, wenig Schlaf in Aussicht, das überflüssige Zeug müssen wir auch noch irgendwie runter bekommen. Egal, jetzt oder nie! Früh um 2 Uhr geht’s los, wir finden sogar die Spur der Seilschaft von gestern und steigen im Dunkeln in die Messner-Rampe ein. Hier muss man schon mal klettern, 70° hat’s sicher. Nach 4 SL sind wir auf dem Eisfeld. Es wird hell und rechts kommt – ein Rucksack in mein Blickfeld??? Befestigt an einem Eisgerät. "Hallo, ist da jemand?" 100 m höher verabschiedet sich eine der Befestigungsschrauben aus meinem Eisgerät und ich ärgere mich, dass ich das niegelnagelneue da unten nicht mitgenommen hab. Das große Eisfeld ist hart und z. T. blank, wir gehen weiter mit Seil. Dass es auch anders geht, machen uns Flo (der Dritte, ein Bekannter von meinem Flo aus der Bergführerausbildung) und ein schottischer Chamoniard vor: wir beobachten ihre Lampen auf dem Gletscher und 2 h später tauchen sie solo im Eisfeld auf. Wir lassen ihnen den Vortritt. Die erste steile Länge – luftiges Eis auf grauem Granit. Ich steige vor und bin froh, links an einem Felspfeiler 3 Friends unterzubringen. Der Stand unserer Freunde auf dem Pfeiler an 2 Eisschrauben im Schnee ist mit meiner Vaterrolle nicht zu vereinbaren, ich grabe lieber einen schönen Granitriss aus. Flos Länge ist noch ein bissel luftigeres 75° Gelände, er versenkt einige Schrauben. Stand! Das Eis ist super zu klettern, die Schrauben allerdings kann ich z. T. einfach rausziehen. Aber der Stand rechts an Felshaken, Ballnuts und Friends taugt. Eine coole Länge für mich: guter Firn und felsige Aufschwünge, Rampe nach rechts. Hier kann ich super Friends legen. Flos Länge beginnt rechts mit dem ersten fixen Haken der Tour, dann geht’s gerade hoch im 60° Eisschlauch. Auf mich wartet ein breiter Eisfall mit steilen Aufschwüngen, zum Glück ist das Eis hier besser. Noch eine 70 m-Länge für Flo im beliebigen, blockigen Kombi-Gelände. Dann eine tolle, anhaltend steile Eisrampe für mich. Rechts kann ich wieder gut Felsmaterial anbringen, es ist ein Genuss! Wir sind auf die andern wieder aufgelaufen, nachdem die zunächst viel schneller waren. Kein Wunder: die Wand wird noch mal richtig steil (85°), dafür ziemlich aper. Flo lässt mir in dieser Schlüssellänge den Vortritt. Danke Flo! Ich kämpfe mit hartem Eis und vereisten Rissen, und bin ganz froh, dass der Stand hinter einem abgespaltenen Block so schön bequem ist. Flo führt die nächsten 2 Längen im Fels, griffige Risse machen Spaß! Jetzt sind wir in der Rinne, die zur Brèche des Droites hochzieht. Wir haben’s so gut wie geschafft. Noch 120 m stapfen, und wir können auf der anderen Seite den Sonnenuntergang hinterm Mont Blanc bewundern. Die Abseilerei ist ein Sch…! Brüchig, schotterig, flach. Ein Wunder, dass sich das Seil kein einziges Mal verklemmt. Wir kochen zwei Mal Suppe, eine Wohltat! Um Mitternacht seilen wir endlich über den Bergschrund, ein gruselig ausgeapertes Teil! Leider ist’s noch nicht ganz vorbei. Einige hundert Höhenmeter tiefer ein Eisbruch: wo geht’s hier bitte lang? Unsere Freunde hatten das gleiche Problem, wir konnten stundenlang ihre Lampen willenlos hin und her zucken sehen. Als wir am linken Rand eine ebene, ca. 6 m² große Plattform finden, sind wir reif für ein Biwak. Dank dem Kocher wird’s auch erträglich, und der Sonnenaufgang hoch über dem mère-de-glace ist eine Schau! Im Licht des neuen Tages geht’s auch gut über den Eisbruch. Wir genießen so gut wie möglich die Sonne, die Aussicht auf diverse Jorasses und weisse Berge und stolpern gen Montenvers. Zu allem Überfluss finde ich einen 3 kg-Stein mit tollen Kristallen – den muss ich Steffi mitbringen. Der Rucksack wird gefühlte 10 kg schwerer. Auf dem mère-de-glace treffen wir Flo und Marc wieder, die sehen auch fertig aus. Aber es gibt richtig gute Nachrichten: die Zahnradbahn fährt und Flo und Ursi haben unser Gepäck ins Tal geschleppt! Bei einem Bier genießen wir noch mal die fantastischen Berge ringsherum. Da hinten der Walker-Pfeiler, dort oben der Dru, die Charmoz-Nordwand. Für dieses Jahr reicht’s mir, aber nächstes Jahr komme ich sicher wieder! |
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