Berge weltweit - San Juan

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San Juan - oder mein erstes unfreiwilliges Biwak (Steffi)

Als ich nach Huaraz komme, ist David gerade mit Jonathan an der Sphinx. Also hab ich Zeit zum Kaffee-Trinken im “California”, spazierengehen mit Julia und Canyoning mit Luz. Als die Jungs zurück kommen werden sofort neue Pläne geschmiedet. Das Quebrada Cayesh steht auf dem Programm.

David und ich ziehen schon einen Tag früher los, um eine romantische Zeltnacht an der Laguna Churup zu verbringen. Aus Romantik wird nichts, weil wir erst mal Wassergräben ums Zelt ziehen müssen, damit uns die Felle in der Nacht nicht davon schwimmen - wegen Regen, nicht etwa weil der See überläuft. Zudem hat David tierisch Hunger und wir fast nichts zu Essen dabei. Das fängt ja schon mal gut an.

Treffpunkt am nächsten Morgen um 8 Uhr in Pitec. Es sind weder die Israelis noch die Esel mit Eseltreiber da. Um 8.30 Uhr auch noch nicht. Um 9 Uhr kommt das erste Touri- Collectivo - keine Israelis und keine Esel. Dafür taucht Julia mit ihrem Papa und nem Rucksack voll Essen auf. So kommen David und ich erst mal zu einem Frühstück. Um 9.30 Uhr erscheinen dann endlich Johnathan, Niv und Eliav. Ihr Taxi war zu schwer beladen und sie mussten unterwegs schieben! Aber Esel haben wir immer noch nicht. Ein Bewohner von Pitec zieht los und treibt irgendwo drei Esel für uns auf. Endlich geht es los - um 12 Uhr!

Erst wandern wir gute 3,5 h durch das Quebrada Quilcayhuanca bis es rechts ab ins Quebrada Cayesh geht. Die Täler sind wunderschön und schon allein das wandern macht hier viel Spass. Vor der Nase hat man immer einen herrlichen Eisriesen und in der Nase den Duft frischer Kuhfladen.

Kaum biegen wir ins Quebrada Cayesh ab fängt es wieder an zu regnen. Als die Zelte stehen und der Arriero mit Fleecejacke und Biwaksack versorgt ist hört der Schauer auch schon wieder auf. Egal, essen und ab in die Schlafsäcke.

Am nächsten Morgen stellen wir fest, dass unser Not-Zeltlager genau am Aufstieg zum Hochlager von San Juan liegt. Also erst mal Gepäck sortieren und verabschieden. Ich gehe mit Niv und Eliav Richtung San Juan, David und Jonathan wandern mit Sack und Pack weiter bis zum Basislager für Cayesh, Maparaju und Milpocraju.

Während wir ins Hochlager steigen, habe ich ein komisches Gefühl im Bauch. Ich schiebe es auf die ungewohnte Situation jemand anders vertrauen zu müssen als David. Der Aufstieg dauert 4 h und wir treffen immer wieder auf Kuhspuren. Die Tiere sind ganz schön geländegängig. Nach einem schnellen Essen legen wir uns bald schlafen, da die kurze Nacht um 24 Uhr schon wieder vorbei ist.

Unser Mitternachtssnack besteht aus Tee und Keksen. Über Felsen klettern wir zum Gletscher. Um 2 Uhr ziehen wir Gurt, Steigeisen und Helm an. Anseilen und los geht’s. Es ist ziemlich dunkel und unsere Stirnlampen leuchten auch nicht sehr weit. Trotzdem kommen wir heil um alle Gletscherspalten herum. Auf dem Grat angekommen stapfen wir diesen entlang. Der normale Normalweg führt eigentlich am Grat noch weiter hinauf, aber wir verhauen uns und fangen zu früh an mit traversieren.

Mittlerweile ist schon 6 Uhr und die Sonne geht auf. Was für ein prächtiger Anblick, der Cayesh brilliert in den ersten Sonnenstrahlen! Wir queren unter einigen drohenden Seracs durch - ja nicht rauf schauen und schon gar nicht drüber nachdenken. Irgendwann stehen wir unter einer Rinne und denken, dass wir eigentlich schon fast unterhalb des Gipfels sein müssen. Hier stellen wir auch fest, dass wir falsch gegangen sind. Egal, dann müssen wir eben jetzt da rauf. Puh, 200 m auf Frontzacken die Rinne hoch in ordentlich fluffigem Schnee. Und die Seracs sind immer noch in Reichweite, äusserst unangenehm das Ganze. Um 11.30 Uhr sind wir aus der Rinne raus und der Gipfel ist in greifbarer Nähe. Ich bin allerdings so platt, dass ich auf die letzten Meter verzichte und sitzen bleibe, bis Niv und Eliav wieder zurück sind. Meine Pause fülle ich mit Tee und Keksen und lass auch noch schnell die Hosen runter. Niv und Eliav gehen auch nur bis auf den Vorgipfel und drehen dann um, damit es nicht zu spät wird für den Abstieg.

Statt diesmal über den kompletten Grat zurück zu gehen seilen wir wieder die Rinne ab. Zu unserer Verteidigung muss ich sagen, dass uns der Grat wegen zu wenig Schnee zu gefährlich aussah. Also runter zu den Seracs. Unter denen wollen wir jetzt allerdings nicht direkt queren, weil die Sonne doch schon so kräftig ist, dass immer wieder irgendwo etwas abbricht. Dann haben wir die glorreiche Idee noch weiter runter zu steigen und über den unteren Wandteil wieder auf den Gletscher hinter dem Grat zurück zu kommen. Schlicht und einfach gesagt, wir sind zu faul wieder zum Grat aufzusteigen und hoffen, dass es auch so geht. Absolut dämlich!

Wir seilen an unseren 6 Snowsticks ab und versuchen dann rüber zu kommen. Inzwischen wird es dunkel und das was wir in der Dunkelheit noch erkennen können erscheint uns zu gefährlich. Also Kehrtwendung und wieder zurück. Erneute Entscheidungsrunde. Wir haben drei Möglichkeiten: hier biwakieren, ganz runter und am Gletscherrand biwakieren oder doch rauf auf den Grat. Wir entscheiden uns (immer noch aus Faulheit und mittlerweile Müdigkeit) für runter. Damit sitzen wir dann zwar auf der falschen Seite, aber wir vertagen die Frage, wie wir wieder zu unserem Hochlager kommen auf den nächsten Morgen.

Zum absteigen ist der Schnee noch zu weich, die Snowsticks sind aus. Was tun? Niv opfert sein Eisgerät für die erste Seillänge. Er geht zuerst, dann ich und Eliav. Als ich bei Niv am Stand schon fast am einschlafen bin, kommt von oben: Shit my Crampon is gone. Geistesgegenwärtig streck ich die Hand aus und wie durch ein Wunder fällt das Steigeisen genau da rein. Die letzten Seillängen können dann immer jeweils vom letzten abgestiegen werden, denn der Schnee ist mittlerweile eisiger. Der letzte - oder die letzte - war immer ich, da Niv den nächsten Standplatz gräbt und Eliav zu fertig ist. Es macht den Anschein, als ob die Wand nie enden will.

Gegenüber sehen wir irgendwann zwei Stirnlampen die vom Cayesh- Hochlager runter kommen. Das macht mich plötzlich total glücklich und verpasst mir einen neuen Energieschub. Ich bin der festen Überzeugung, dass David und Jonathan uns helfen werden. Die letzte Seillänge über den Bergschrund und ab über den Gletscher, die Gletscherspalten lass ich links und rechts liegen und renne dem Geräusch von Wasser entgegen. Die Jungs müssen ganz schön hinter mir her schnaufen, da wir ja immer noch alle an einem Seil hängen. Es ist 2 Uhr. Endlich wieder Wasser nach 24 Stunden am Berg mit nur einem Liter Flüssigkeit pro Person. Zu essen gibt es nur noch Bonbons. Eliav schläft gleich im sitzen ein. Durch die Aufregung bin ich noch total fit und treib die Jungs noch weiter runter, bis wir auf den Felsen ein fast kuschliges Plätzchen zum biwakieren finden. Auf dem Rucksack, in der Daunenjacke, mit frischen Socken und den dicken Handschuhen über den Füssen kann ich tatsächlich eine Stunde schlafen. Die Zeit vom Morgengrauen bis Sonnenaufgang dauert ewig. Und noch länger dauert es, bis die Sonne endlich unseren Biwakplatz erreicht. Wir rühren uns in stillem Einverständnis keine Minute eher.

Endlich ist die wärmende Sonne da. Jetzt kommt auch wieder Bewegung ins Gehirn. Die ursprüngliche Idee über die Felsen zum Hochlager zu klettern wird verworfen, weil die Jungs mit den Plastikstiefeln nicht schwer klettern wollen und wohl auch nicht können. Also weiter runter - nur wo? Links von uns ist eine Moräne mit Bacheinschnitt. Der muss ja irgendwo hin. Während wir so überlegen, höre ich ein Rufen. Es kommt vom Tal her. Ich denke sofort an David und Jonathan, weil wir ja letzte Nacht die Lichter gesehen hatten. Aber ich kann niemanden sehen. Eliav meint, es sind nur die Küheim Tal unter uns. Wieder höre ich was und sehe nichts. Und dann auf einmal Davids Trillerpfeife! Sie sind tatsächlich da, aber ich sehe immer noch niemanden. Plötzlich eine Bewegung ganz unten an der Moräne - Jonathan. Und dann Davids Stimme ganz nah. Er ist direkt gegenüber, schon oben an der Moräne. Ich schnapp meinen Rucksack, lass Niv und Eliav weiter rumtrödeln und renne David entgegen. Bin ich froh!!! David auch und wir liegen uns heulend in den Armen - ich zumindest.

David und Jonathan hatten vom Cayesh-Hochlager unseren Chaos-Trip beobachtet und sich mächtig Sorgen gemacht. Sie sind ins Tal und haben unter uns biwakiert. Sie sind in aller Früh die fast senkrechte Fels-Erd-Wand rauf, um uns rechtzeitig abzupassen, damit wir nicht auf die Idee kommen, von dort oben ins Ungewisse abzuseilen. Muss ganz schön happig gewesen sein, da hoch zu turnen. David meinte nur: "Wo Kakteen wachsen kann ich mich auch festhalten!"

So trotten wir also die Moräne runter hinter David und Jonathan her und lassen uns dann von den beiden durch Gestrüpp und Gestein abwärts schleusen und abseilen. Im Tal hängen wir dann alle überm Bach und trinken - wahrscheinlich ist das Wasser Schuld an meinem späteren Darmzustand.

Im Basislager teilen wir dann die wenigen Schlafsachen so fair wie möglich auf: ein kleines 2-Mann- Zelt in dem Jonathan, Niv und Eliav mit Plastiksäcken, drei leeren Rucksäcken und drei Daunenjacken schlafen, einen 1-Mann- Biwaksack den David und ich mit zwei Isomatten und einem Schlafsack bekommen. Und dann kommt Achim. Er taucht plötzlich aus der Dunkelheit auf mit nassen Schuhen - der Bach war im Weg. Er legt sich mit seiner Isomatte und zwei Schlafsäcken neben David und mich und endlich kann ich die Augen über mein erstes grosses Bergdrama schliessen. So was passiert mir nie mehr !!!

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