Berge weltweit - La Esfinge

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La Esfinge und kein Rätsel

Denn wo sonst in Peru kann man so viel Spaß beim akklimatisieren haben und noch so geil schwer klettern?

Die Fakten:

Gipfelhöhe 5050 m, Wandhöhe 400-900 Hm, ein Dutzend Routen ab 5.10+, mit Blick auf ein halbes Dutzend 6000er aber mit deutlich besserem Wetter als diese* und das alles nur gut 3 h Fußmarsch von der malerischen Laguna Peron entfernt.


Sphinx – Klappe: die Erste

Mit Jonathan und seinem Kumpel Eliav machen wir uns auf den Weg. Per Collectivo (“CARAZ, CARAZ, CARRRAAAZ”) die 2 h nach - genau: Carraz. Dann per Taxi zur Laguna.

Der Trampelpfad ins BC ist während der Regenzeit zugewuchert, wir brauchen mit dem ganzen Gepäck und unserer tollen Blutsauerstoffsättigung fast 4 h für die 800 Hm.

Das Wetter ist eher bescheiden, nachmittags oft Niederschlag (wahlweise fest/flüssig), dafür morgens noch Restbewölkung. Das Kletterfenster also mit 2-6 h eher knapp bemessen.

Zu dritt machen wir die ersten 10 SL der „Route ´85“: Tolle Kletterei über Risse, Platten und auch mal ein Überhängle. Absichern lässt es sich auch gut und die Stände sind bis zur Wandmitte (großes Biwakband) eingerichtet. Über die Schwierigkeiten gibt’s unterschiedliche Ansichten, aber ich denke 7+/8- kommt ganz gut hin. Dazu noch 2 SL 7, der Rest 5-6+. Nach dieser Aktion verlässt uns Eliav. Besser gesagt wirft mir Jonathan heute noch vor, dass Eliav fast verhungert wäre: 2 Cookies zum Frühstück und eine Suppe mit Crackern zum Abendessen. Ich fand es okay, aber nach 3 Wochen Montezumas Rache braucht man nicht mehr so „spachtln un nei schaufeln“. An einem „kürzeren“ Tag schauen wir uns Jonnys Traum an: „Cruz del Sur“ 700 m, von den Erstbegehern Bubu/Caro mit 7c+ bewertet, soll „max 7b“ sein…

Am Einstieg erinnert ein zerbröselter Helm Jonathan an folgende Geschichte: Bei einem Sturz in der 17ten Länge stirbt der Vorsteiger. Sein Partner fixiert die Leiche und seilt ab. Die Peruanische „Bergrettung“ kommt von oben, versucht mit der Leiche abzuseilen. Das ist allerdings zu anstrengend, deshalb wird die Schwerkraft mit dem Transport auf ihre unnachahmlich zügige Weise betraut. Okay, der Helm passt zu der Geschichte… Angeblich lässt selbige „Organisation“ auch gern mal den einheimischen Bergführer in der üblichen Spalte am Artesonrachu krepieren**. Hauptsache der (zahlende) Gringo wird gefunden. Zurück zur Kletterei. Tatsächlich schaffe ich mit einigen Tricks die erste Hürde: Die 2te Länge, 7c ist eher eine (luftige) 7a-Schleicherei. Jonathan knackt noch die 7c+-Länge darüber: Super Risse, dann ein kurzes Boulderproblem direkt am Haken. Na, ein Güllich-8er in der Pfalz ist aber auch nicht leichter. Wir lassen 120 m Seil hängen für einen echten Versuch.

Doch als die Morgenbewölkung durch Abwesenheit glänzt, versuchen wir uns erst mal an der Normalroute. Eigentlich wollen wir den Speedrekord von 6:50 knacken, doch als es im oberen Drittel anfängt zu Schneien und wir in der schwersten aller von mir gemachten Ausstiegsvarianten landen (ja, immerhin vier Stück und das bei vier Begehungen… das will was heißen!) sind wir froh, dass wir nach siebeneinhalb Stunden oben sind. Jonathan tanzt, das gehört sich so als Israeli… naja, andere machen Kopfstand, warum also nicht auch tanzen?

Einige regenreichere Tage vergehen und die beiden schweren „Cruz del Sur“ - Längen sind unseren Rotpunktbemühungen erlegen, außerdem habe ich ein Rezept gefunden, um Jonathan im Schach zu schlagen und wir warten auf gutes Wetter für den Durchstieg von „Cruz del Sur“. Er kommt, und wir eiern die Fixseile hoch, kein Spaß mit drei t-Bloc’s. Von den folgenden Längen bleibt mir vor allem ein sehr luftige 7b (also eher 7+) Platte in Erinnerung mit der Möglichkeit, direkt auf eine messerscharfe Schuppe abzugehen. Jonathan denkt sicher mit Grausen an den anschließenden 20 m-Quergang, die einzige Sicherung ein kleiner Copperhead, aber nur für den Vorsteiger... Ach ja: die 17te Länge „darf“ ich vorsteigen. Jonathan meinte nur: „David, why did you put here so much gear?“

Invalidentrail

Drei Wochen später bin ich wieder da. Nach dem Abenteuer im Quebrada Cayesh und der Bettel-Touren im Ishinca-Tal habe auch ich keine Lust mehr auf Frieren, Hungern und Eis. Mit von der Partie sind Steffi und Phillip. Ach ja und: Dirk, König der Sachsen, sorgt für die nötige Gemütlichkeit… Philipp und Dirk kommen vom Gipfelsieg am Chopicalqui, der war hart erkämpft: Dirk hat Erfrierungen an den Zehen, Phillip Kreuzschmerzen – und das alles für Nebel am Gipfel! Und Steffi hat übrigens ein schmerzendes Knie.

Am ersten Tag finden wir uns im Taxi von Netzer wieder und hören „Moskau, Moskau…“ auf Cassette. Ach ja: Netzer heißt tatsächlich nach dem Fußballspieler, nur das mit den Vor- und Nachnamen haben seine Eltern damals wohl etwas durcheinander gebracht: Netzer Gonzales!

Im BC machen wir es uns gemütlich, der Schnee fällt aufs Zeltdach. Auch morgens um 7 Uhr wölkt es gewaltig, weiterschlafen. Um 9 Uhr reißt es auf, wir gehen mal los, die ersten SL angucken. 13 Uhr – fertig geguckt. Das Wetter ist noch okay, die Jungs wollen weiter, das Mädel muss mit. SL 15 ist noch mal ein steiler Riss, hier fängt es – na klar, an zu schneien. Na, wenn’s unten rutscht, musste oben mehr anreißen… Das Seil ist aus, im Gegensatz zu dem Riss und der Schnee geht in Graupel über. Dafür haben wir bald einen Seilsalat in unserer schönen 4er-Seilschaft und hängen ganz schön am einzig passenden friend rum.

Steffi hat so kalte Füße, dass sie die Kletterpatschen in Turnschuhe tauscht, Phillip findet es jetzt auch eher „ernst“ und ich bete, dass ich einen einfacheren Ausstieg finde… Etwas rechts vom höchsten Punkt ergibt sich die Wand mit nur noch einer wackeligen Stelle turnschuhgerecht. Nach neun Stunden gratulieren wir uns am Gipfel und zu Dirks Mitdenken: immerhin einer von uns hat ne Stirnlampe dabei. Wir hetzen über nasse Platten zum Abseilen als es schon stockfinster ist. Nachts um 10 Uhr fallen wir fertig ins Zelt.

Ach ja: der nächste Tag ist unverschämt sonnig, keine Wolke nirgends. Wir genießen es bei einem ausgiebigen all-you-have-to-eat-Frühstück mit einer netten Skat-Runde und sind uns einig, dass man die schönen Tage zum relaxen nutzen muss.

Auf speed und eine gute Tat

Andres Zegers ist Chilene, und ist laut seinem (deutsch-chilenischen) Kunden „der Beste chilenische Alpinist“. Wir treffen die beiden im Chopicalqui-Hochlager, wo sie wie wir im schlechten Wetter festsitzen. Der Beginn einer schönen Freundschaft. Weil Andres noch 2 Wochen länger bleibt als sein Kunde, haben wir Zeit für eine Erstbegehung am Occhapalca, einen 24 h-speed-run übers Shield auf den Huarascan (6780 m) und schließlich landen wir an der Esfinge, weil die Chacraraju-OW uns schon in der Anfahrt geschlagen hat (genauer gesagt: unsere Planung uns selbst zu optimistisch erschien). Dafür haben wir alte Bekannte von Andres’ Yosemite-Zeiten getroffen: Steve ‚ Shipoopi’ Schneider und Heather Baer, die den 14jährigen 5.14er Kletterer Scott Cory betreuten und durch irgend so ne neue Route sicherten. Sein Papa und sein Opa waren auch da, TNF zahlt…

Wir wollen endlich ein bisserl flotter als alle anderen die Normalroute gehen, mit dabei ein 50 m-Halbseil, 3 T-Blocs und 5 friends… Im unteren Teil immer 4 Längen mit T-Bloc, oben dann noch 3 Längen gemeinsam. 3:56 hat’s gedauert, also fast 3 h schneller als vorher. Das beschert uns sogar einen Eintrag im „Alpinist“, naja, Vitamin B halt. Wir halten immer noch den Seilschaftsrekord (glaub ich zumindest, lass mich aber auch eines besseren belehren), aber Josh Warden hat solo grad mal halb so lange gebraucht – Respekt!

Im BC haben wir noch Zeit herauszufinden, dass Opa Bill seit Tagen nicht aus dem Zelt kommt und kaum was zu sich nimmt. Er ist augenscheinlich ganz schön höhenkrank und sollte meiner Meinung nach schnell runter. Ich hab noch Dexmetason als Pferdespritze von Micha (dem Vetärinär) und mache Bill klar, dass er das Ding von mir in seinen 70-jährigen Hintern bekommt… Beim Anblick der Spritze wird er plötzlich agil und beteuert, ganz wunderbar ohne das Zeug runter laufen zu können… na also, geht doch! Zurück in Huaraz kann er seine Dankbarkeit an Steffi austoben, die er ständig zum Essen einlädt… ist ja auch lustiger, als im BC abzuhängen.

Inzwischen ist mein Zeit- und monetäres Budget längst verbraucht. Während Ersteres wenig problematisch ist (der tolle Job bei Linde wartet auch noch ein bisserl länger auf mich – hab ja eh noch nicht angefragt, ob die mich wollen) versuche ich, Letzteres durch Führen aufzufüllen. Und so geht’s mit Ed aus GB zum vierten Mal zur Esfinge… Ed ist total happy, dass wir das Teil in 2 Tagen retour erledigen, es war aber dermaßen unspektakulär, dass ich jetzt einfach so aufhören muss. So.


*Die Wolken ziehen oft nachmittags aus dem Amazonasbecken herauf, d.h. von Osten. Die Sphinx ist die westlichste Erhebung, steht also ein bisschen im Regenschatten

**Die S-Wand des Artesonraju ist eine gigantische, 1000 m hohe Rutschbahn mit Schönheitsfehler im Auslauf: Besagte (Monster-)Spalte! Die meisten der nicht wenigen Abstürzenden landen hier…

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