Alpiner Fels - Dru

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„Eys, zwey, Dru“ – Cool Runnings durch die geilste Granitwand der Alpen

Große Abenteuerrouten wie Walker- oder Freneypfeiler haben den Vorteil, dass die (Sehn?!?-) Sucht für zwei, drei Wochen nachläst. Jetzt ist aber schon wieder bestes Spätsommerwetter angesagt, Chef und Cheffi haben mir frei gegeben…was will man mehr? Vielleicht ein Kletterpartner? Sollte sich bis Freitag finden!

…ok. Hat sich nicht gefunden. Ich bin reichlich verzweifelt. Habe wirklich JEDEN angerufen, im Internet gesucht…nix. Fünf nach zwölf rührt sich Pascal, er fährt mit nem Kumpel ins Mello und der Kumpel hat dann noch ne Woche Zeit. Da kann ich ja gemütlich Familientag machen: Steffi zieht mit Wolfgang und Alex auf die Loisach, Wasser schlucken. Ich pass’ auf 5 Kinder auf, bis Sanne mich erlöst. Am Sonntag nach gemütlichem Start (herrlich: da Lara und die anderen Vier vom Fressneid ganz beansprucht, können die Eltern endlich mal friedlich frühstücken!) geht’s im Holländer-Tempo auf den Wank, Sonne genießen. Erst als Lara doch in der Kraxe einschläft, mach ich Druck: Pascal hat sich gerührt, Ringbandriss und eigentlich könnt ich mit Felix gleich los…Also rauf zur Seilbahn, Frau und Kind loswerden, zurück zum Auto joggen, Frau und Kind abholen, heimdüsen, Sachen aufs Motorrad schmeißen, in die Schweiz düsen, Felix kennenlernen, Richtung Chamonix düsen…

Wir sind uns schnell einig: die Dru Westwand, Direkte Amerikanerführe solls sein! Pascal hat die angetestet, und ich will unbedingt hin, bevor sich das schöne Stück Fels auch noch runter fällt! Dass Felix über die Nordwand aussteigen will, ist auch gut. Ein straffer Zeitplan wird entwickelt: Start in Cham um 4:00, Einstieg gegen 9:00, 10h für die Wand und dann nix wie runter, vermutlich bei Vollmond. Ich bin trotzdem nicht nervös, nach so nem Sommer hab ich reichlich Auftrieb. Im Dunkeln geht’s durch den dunklen Wald nach Montenvers, das im ersten Licht erreicht wird. Schon oft hier gestanden und den unglaublich hohen Zahn des Dru bewundert – jetzt geht’s endlich hin! Also obi, ubi, aufi…(aber viel tiefer wird’s nimmer – ist ehr weniger als me(h)r de glace übrig…). Es zieht sich, 1800hm sind schon ne ganz ordentliche Sache als Zustieg… noch ein schnelles Frühstück, und pünktlich vor neuen geht’s los mit klettern. Die ersten 200hm sind plattig, nicht zu schwer (Stellen 5 u. 6), mit BH gesichert und wir gehen sie einfach am 30m Seil gemeinsam. Weil’s so gut geht, häng ich auch noch die Seillängen bis zur 40m-Piazverscheidung dran. Das Teil zieht gewaltig steil in den blauen Himmel, ich darfs führen. Die Piazerei mit dem Luder auf dem Rücken ist pumpig, am Stand muss ich schön schnaufen. Die folgenden 7 Sl zum großen Klemmblock sind leichter, aber immer noch anhaltend zwischen 5+ und 6+. Mit dem langen Seil lassen wir einige Stände aus, und so stehen wir als die Sonne um 1300 ums Eck kommt, auf dem gewaltigen Block. So groß hab ich mir den wirklich nicht vorgestellt…wenn der obi fällt…! Über uns wartet nur noch die herrlich steile und glatte 90m-Verschneidung, wir ziehen die Rucksäcke nach und genießen die gewaltige Freikletterübung. Spannend bleiben die letzten Meter zur Nordwandführe: über BH, die die Erstbegeher der Westwand benutzten, um an ihren höchsten erreichten Punkt zurückzukommen, geht’s dahin. Die Teile sind schon über ein halbes Jahrhundert im Fels, aber nicht zu weit…naja, hält scho! Jetzt steh ich direkt auf der Kante zwischen düsterer Nordwand und sonniger Westwand, saugende Tiefe allüberall, Klettern ist geil!

Die Nordwandführe treffen wir grade noch unter der berühmten Schlüsselstelle: dem Allain-Riss. Soll der erste freie 6er in Cham gewesen sein. Bald hat auch ein Élève ne leichtere Umgehung gefunden, Martinetti-Riss. Für uns unter dem Zucker des ersten Schnees gar nicht so leicht, irgend ein Riss zu finden…klettern könnt man ja auch weiter links, wir halten uns schön an der Kante: da gibt’s Sonne am Stand! Nach 4, 5 steilen, eisigen Längen wird’s leichter, nur noch 3 und 4. am langen Seil geht’s dem Durchschlupf und dem Sonnenuntergang entgegen. Nur einmal muss ich kurz bremsen: da steckt doch tatsächlich ein Pickel im Schnee, sogar frisch geschliffen…mei, warum schleppen wir unseren eigenen mit? Am Durchschlupf, wo der Nordwandbezwinger bequem zur Südseite und dem Abstieg quert, ist nicht nur der Tag sondern auch ich fertig.Kein Wunder: über 2500Hm, fast 1000Hm schwere Kletterei, dazu Schlafmangel, Höhe, Kälte, fetter Rucksack…ja mei, will nur dezent sagen: sind halt Helden!

Den Gipfel über 100m Blockwerk zu erreichen, schenken wir Helden uns: der Dru ist eh nur ne Schulter der Vert... Die Abendstimmung genieße ich trotz des dräuenden Abstieg: Wie die gewaltigen Felsmauern und Türme der Dru-Südwand im letzten Licht erglühen, wie weit dahinter die bleiche und eisige Nordwand der Jorasses im ersten Sternenlicht schimmert, wie majestätisch der Montblanc von oben grüßt und wie im dunklen Tal die Lichter angehen…Bei uns gehen die Lichter öfter mal aus: so müde sind wir, und die Biwakplätze so zahlreich einladend! Die herbstliche Kälte treibt uns weiter, Felix kennt sogar den Abstieg, ich rutsche hinterher…irgendwann wird’s flacher, Seil einpacken, das erste Wasser, dann der Gletscher(rest): für läppische 500m über (zugegeben ungutes und steiles) Eis haben wir die Steigeisen und Pickel herauf und halb wieder runter geschleppt! Schließlich trudeln wir auf der Carpua-Hütte ein, Durst! Doch als ich mir die Flasche auf dem Tisch greifen will, dringt ein eindeutiges „no-no“ aus einem der Betten…das Spiel wiederholen wir 5 minuten später noch mal, erst dann gibt’s den dezenten Hinweis auf die Quelle ums Eck. Der Rest ist Schlafen. Am Morgen danach entpuppt sich der Hüttenwart Christoph als doch sehr umgänglich, sogar einen frischen Kaffee gibt’s für uns müde Krieger… beim Anblick der herrlichen Wände in diesem wilden Winkel streift mir kurz durch den Sinn, was man bei dem schönen Wetter machen könnte: Aber der Körper kennt nur eine Alternative: immer schön runter, und viel trinken und essen! Beim Bier an der Bahn bleibt der Blick an unserem Berg haften; herrlich, da sind wir hoch…!

Nachtrag: die kurze Woche im Büro war fast zu kurz um mich zu erholen!

Fakts:

Zustieg:
Von Chamonix durch den dunklen Wald nach Montenvers und aufs Mer de Glace. Vom Hüttenweg zur Charpoua-Hütte nach gefühlten 30 min bei Steinmann rechts abzweigen und über Steigspuren, Sumpf und Moräne zum Rognon des Dru. Den darniederliegenden Bonattipfeiler quert man dabei. Am Biwakplatz vorbei (überdacht mit Schlafsack) über Schotter zu den Einstiegsbändern der Amerikanerführe.

Route:
Immer dem nichts zwischen dem Granit (=Risse) nach zum Bloc Coince. Dann die 90m-Verscheidung und nach links raus (interessante antik-BH-Zieherei) zur Nordwandführe. Linkerhand das Nischeneisfeld, vor sich noch ca. 3 SL bis zur Alain-Riss, und weiter gut 200m in leichterem Gelände zum Durchschlupf. Abstieg zur Charpoua-Hütte und direkt in die weichen Betten sinken.

vgl. topoguide.de oder Eberlein: "Mont-Blanc-Gruppe"

Schwierigkeiten: 500m viel 5-6+, 1 SL 7. In der 90m-Verscheidung 2 SL 8-, dann Ae1. In der Nordwand 150m 4-5+, dann 200m 3 u.4. Im Abstieg abklettern bis 3

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